Was ist eigentlich Fair Wear?
Wir bekommen viele Fragen bezüglich unserer Fair Wear zertifizierten Kleidung. Was ist das? Was bedeutet das für unsere Produzenten? Sagt die Zertifizierung wirklich etwas aus oder ist sie nur Greenwashing?
Kurz gesagt ist die Fair Wear Foundation (FWF) eine gemeinnützige Organisation, die gemeinsam mit ihren Mitgliedsunternehmen und weiteren Partnern wie Gewerkschaften, NGOs, Fabriken, Unternehmensverbänden und Regierungen ein klares Ziel verfolgt: die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie.
Situation in nicht Fair Wear Fabriken in Bangladesch
Gleich kommen wir dazu, was Fair Wear genau bedeutet und warum es der Kern einer nachhaltigen Marke wie der unseren ist. Aber vorher wollen wir nochmal darüber sprechen, wie es in Bangladesch aussieht.
Die Textilindustrie in Bangladesch wird häufig dafür kritisiert, Verstöße gegen Menschenrechte zu begehen, die besonders bei Zulieferbetrieben von Textilherstellern alltäglich seien.
Trotz der oft schlechten Bedingungen in der Bekleidungsindustrie wird eine Tätigkeit hier von vielen Arbeitern oft der Beschäftigung in der Landwirtschaft vorgezogen, da die Arbeitsverhältnisse in der Landwirtschaft noch schlechter sind.
Wie Fair Wear dagegen angeht und wieviel besser die Arbeit in unseren Fertigungsstätten ist
Das ist wo Fair Wear einsteigt. Die Organisation sieht, dass der Industriezweig in Bangladesch sehr wichtig für viele Menschen und vor allem für Frauen ist, (80% der Arbeiter in der Textilindustrie sind nämlich Frauen). Aber sie will das Umfeld massiv umkrempeln und neu gestalten.
Die Gründer der FWF haben dafür den sogenannten „Code of Labour Practices“ ins Leben gerufen. Dieser Kodex steht für Arbeitspraktiken und Rechte der Arbeitnehmer in der Bekleidungsindustrie. Diese beruhen auf der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und dem Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation.
Der Kodex der Fair Wear Foundation enthält acht Punkte. Diese sind:
- Freie Arbeitswahl: Die Arbeiter dürfen nicht zur Arbeit gezwungen werden, zum Beispiel durch das Einsperren in der Fabrik oder dem Einbehalten der Löhne.
- Keine Diskriminierung am Arbeitsplatz: Meistens arbeiten Frauen in der Textilindustrie und sind Opfer von Belästigung und Diskriminierung. Frauen und andere benachteiligte Gruppen sollen bessere Arbeitsbedingungen in den Fabriken haben. Es gilt das Prinzip der Chancengleichheit, unabhängig von Geschlecht, Religion, politischer Ausrichtung, Hautfarbe, Nationalität, etc.
- Keine Kinderarbeit: Das Mindestzugangsalter darf nicht unter dem Pflichtschulalter und generell nicht unter 15 Jahren liegen. Kinder zwischen 15 und 18 Jahren dürfen keine Arbeit ausführen, die für die Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit schädlich sind.
- Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen: Arbeiter dürfen bei der Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen mitsprechen. Sie können Gewerkschaften bilden und mit der Fabrik verhandeln.
- Zahlung existenzsichernder Löhne: Der Lohn für eine normale Arbeitswoche sollten hoch genug sein, um die Grundbedürfnisse der Arbeitnehmer und ihrer Familien zu erfüllen. Dabei sollte auch ein Geldbetrag zur freien Verfügung eingerechnet werden.
- Angemessene Arbeitszeiten: Laut UN liegt das Maximum hier bei sechs Arbeitstagen zu je acht Arbeitsstunden pro Tag. Überstunden sollten freiwillig sein und bezahlt werden. Pro Woche dürfen das aber nicht mehr als zwölf Stunden sein.
- Sichere und gesundheitsverträgliche Arbeitsbedingungen: Notausgänge müssen frei zugänglich sein. Außerdem erhalten die Arbeiter eine angemessene Sicherheitsausrüstung.
- Rechtsverbindliches Arbeitsverhältnis: Arbeiter haben den gesetzlichen Anspruch auf einen Vertrag. Außerdem erhalten sie bestimmte Leistungen wie Rente, Versicherungen und Abfindungen.
Warum lassen wir in Bangladesch produzieren?
Wir sind der Meinung, dass es gut ist, in Bangladesch zu produzieren, wenn man es richtig tut! Denn was helfen diese Arbeitsplätze in unserer bereits sehr produktiven Gesellschaft in Deutschland? Unserer Meinung nach nicht viel, denn wir haben schon viele Industriezweige, auf die wir ausweichen können. Aber wenn man die Branche in Bangladesch nimmt und sie umkrempelt und besser für die Arbeiter gestaltet, so hilft man den Arbeitern und ihren Familien direkt und unterstützt diese Länder in einer Win-Win-Situation.
Der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus zum Beispiel vertritt die These, „dass die Arbeit in dieser Industrie zwar hart und unterbezahlt, jedoch auch ein "fantastischer" Beitrag zur Befreiung der Frauen sei, denn sie gebe ihnen die Chance, aus absoluter Armut aufzusteigen. Tatsächlich hat sich das Land in den Jahren seit dem Aufstieg der Textilindustrie stark zum Positiven entwickelt. Das Millenniumsziel der Halbierung der Armut konnte 2013 erreicht werden. Die Lebenserwartung ist gestiegen, die Kindersterblichkeit gesunken, die Zahl der Kinder, welche eine Schule besuchen, stark gestiegen.”
Daher sprach er sich gegen einen Boykott von Bekleidung aus Bangladesch aus, da dieser Arbeitsplätze und somit den sozialen Aufstieg der Näherinnen gefährde. Und diesen Aufstieg und diese Arbeitsplätze gilt es bei weitem zu verbessern. Mehr Gehalt und noch mehr Möglichkeiten & Sicherheiten sollten die Antwort sein.
Was heißt das für unsere Kleidung L&V?
Daher wird unser Produzent kontinuierlich die jetzt schon sehr guten und weit über dem Standard stehenden Löhne und die Arbeitsbedingungen noch weiter nach oben schrauben. Natürlich entstehen dadurch viel höhere Kosten bei uns, aber genau das ist es, was wir vorhaben. Wir wollen mit LILLY&VALENTIN einen großen Beitrag dabei leisten, diese Menschen zu unterstützen und zugleich unsere Umwelt.
Nächste Woche publizieren wir hier einen Artikel, in dem wir darüber sprechen werden, warum nachhaltige Kleidung auf den ersten Blick teurer scheint aber durch hohe Qualität und große soziale Beiträge im Endeffekt sehr viel besser für jeden von uns ist. Und was der “Cost Per Wear” bedeutet und warum daher unsere Kleidung auf lange Sicht effizienter und billiger ist als die Fast Fashion Brands.